Verkehrsmedizin Thurgau         
 Verkehrsmedizinisches Zentrum - Ihr Spezialist für verkehrsmedizinische Abklärungen

2025-05-19

Seniorenmobilität in der Schweiz: Risiken und Empfehlungen für sicheres Fahren

1. Einleitung

Der demografische Wandel in der Schweiz zeigt sich besonders deutlich bei der steigenden Zahl älterer Menschen. Laut Angaben des Bundesamts für Statistik wird die Gruppe der über 65-Jährigen bis zum Jahr 2035 von 1,5 Millionen auf 2,4 Millionen Personen anwachsen. Diese Entwicklung bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich der Mobilität und Verkehrssicherheit. In der Verkehrsmedizin nimmt die Untersuchung des Fahrverhaltens älterer Menschen daher eine zentrale Rolle ein.

In der Schweiz müssen Fahrer ab dem 75. Lebensjahr alle zwei Jahre ihre Fahrtauglichkeit durch eine medizinische Untersuchung bestätigen lassen. In der Regel überprüfen Hausärzte hierbei nicht nur allgemeine Gesundheitsparameter, sondern auch spezifische Aspekte wie Seh- und Konzentrationsfähigkeit sowie Reaktionsvermögen. Seit den 1970er Jahren sind diese Fahrtauglichkeitsuntersuchungen ein verpflichtender Bestandteil der Verkehrsregelung.

2. Verkehrssicherheit von Senioren: Eine besondere Herausforderung

Ältere Menschen bleiben aktiv und nutzen externe Angebote, daher bleiben sie auch im Strassenverkehr präsent. Studien der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) haben jedoch gezeigt, dass Senioren ein erhöhtes Risiko haben, in Verkehrsunfälle verwickelt zu werden. Die Wahrscheinlichkeit für Fahrer ab 65 Jahren, in einen schweren Unfall zu geraten, ist doppelt so hoch im Vergleich zu jüngeren Fahrern zwischen 25 und 64 Jahren. Für Menschen über 75 Jahren steigt das Risiko sogar um das Fünffache. Zudem tragen sie bei Unfällen oft schwerere Folgen davon, da ältere Körper anfälliger für Verletzungen sind.

3. Gründe für das erhöhte Unfallrisiko bei älteren Fahrern

Verschiedene Faktoren, die mit dem Alterungsprozess einhergehen, können die Sicherheit älterer Autofahrer beeinträchtigen:

Eingeschränkte Mobilität: Muskelkraft und Beweglichkeit nehmen im Alter ab, was die Fähigkeit zur sicheren Fahrzeugführung beeinträchtigen kann.

Ermüdung durch längere Fahrten: Ältere Fahrer können bei langen Fahrstrecken schneller ermüden, was das Risiko von Unfällen erhöht, da Müdigkeit die Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit stark beeinträchtigt.

Verminderte Flexibilität durch Gelenkprobleme: Arthrose oder andere Gelenkprobleme können die Fähigkeit beeinträchtigen, das Lenkrad effektiv zu steuern oder das Fahrzeug schnell zu verlassen, was im Notfall von entscheidender Bedeutung ist.

Psychologische Faktoren wie Stress und Angst: Ältere Fahrer können in stressigen Verkehrssituationen oder unbekannten Umgebungen eher Angst entwickeln, was zu unsicheren Fahrentscheidungen und einer erhöhten Unfallgefahr führen kann.

Veränderungen des Sehvermögens: Viele Informationen beim Fahren werden visuell wahrgenommen. Senioren benötigen mehr Zeit, um diese zu verarbeiten, sind schneller geblendet und haben bei Dunkelheit ein eingeschränktes Sichtfeld.

Beeinträchtigung des Hörvermögens: Ein reduziertes Hörvermögen kann das Risiko von Verkehrsproblemen erhöhen, obwohl moderne Hörgeräte helfen können, diesen Nachteil auszugleichen.

Verminderte Konzentration: Alter kann Ermüdung und eine längere Erholungsphase mit sich bringen, die die Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelligkeit beeinträchtigen können.

Verlangsamte Reaktionszeiten: Schnelle Entscheidungen am Steuer sind im Alter schwieriger, was zu Fehlern im Strassenverkehr führen kann.

Auswirkungen von Gesundheitsproblemen und Medikamenten: Altersassoziierte Erkrankungen und Medikationen können die Fahrtüchtigkeit weiter vermindern.

4. Strategien zur Erhöhung der Fahrsicherheit im Alter

Um die Verkehrssicherheit für Senioren zu fördern, können verschiedene Massnahmen helfen:

- Vermeiden Sie das Fahren, wenn Sie sich unwohl fühlen.

- Überprüfen Sie regelmässig Ihre Sehhilfen auf Aktualität.

- Nutzen Sie moderne Fahrassistenzsysteme in Ihrem Fahrzeug.

- Halten Sie Ihre kognitive Leistungsfähigkeit durch mentale Übungen aktiv.

- Achten Sie auf eine gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung.

- Informieren Sie sich über aktuelle Verkehrsvorschriften und -zeichen.

- Vereinbaren Sie regelmässig gesundheitliche Check-ups.

- Fahren Sie möglichst ausserhalb der Stosszeiten.

- Machen Sie auf längeren Strecken häufig Pausen.

- Schlechtwetter- und Nachtfahrten sollten wenn möglich vermieden werden.

- Besuchen Sie regelmässig Auffrischungskurse zum Thema Fahrsicherheit.

- Ziehen Sie eine Beratung durch eine Fahrschule in Betracht, wenn Sie sich unsicher fühlen.

5. Die  Meinung der Verkehrsmedizin Thurgau - Verkehrsmedizinisches Zentrum zur Anhebung der Altersgrenze in der Schweiz

Die Verkehrsmedizin Thurgau – Verkehrsmedizinisches Zentrum bezieht klar Stellung zu den Überlegungen, das verpflichtende Alter für verkehrsmedizinische Untersuchungen von autofahrenden Senioren von derzeit 75 auf 80 Jahre zu erhöhen: Unser Institut teilt nicht diese Überlegungen. 

Angesichts der aufgeführten Studienergebnisse, die zeigen, dass über 75-jährige Autofahrer überdurchschnittlich häufig Hauptverursacher von Verkehrsunfällen sind, hält Verkehrsmedizin Thurgau - Verkehrsmedizinisches Zentrum die bestehende Regelung für angemessen und notwendig. Eine Anhebung der Altersgrenze könnte das Unfallrisiko in dieser Altersgruppe unverhältnismässig erhöhen und somit die Sicherheit im Strassenverkehr gefährden. Ohne diese Kontrollen könnten zahlreiche Fälle verminderter Fahrtauglichkeit unerkannt bleiben, was sowohl die Senioren als auch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet.

Die Verkehrsmedizin Thurgau - Verkehrsmedizinisches Zentrum befürwortet daher die Beibehaltung der bisherigen Grenze, um durch regelmässige Untersuchungen frühzeitig potenzielle Einschränkungen der Fahrtauglichkeit zu erkennen und gezielte Massnahmen zur Erhaltung der Verkehrssicherheit ergreifen zu können.

6. Fazit und Ausblick

Die Sicherheitssteigerung im Strassenverkehr, insbesondere in Bezug auf ältere Autofahrer, bleibt eine dringliche Aufgabe. Verkehrsinstitute und politische Entscheidungsträger müssen die statistischen Erkenntnisse nutzen, um effektive Massnahmen zur Unfallvermeidung zu entwickeln. 

Dazu gehört nicht nur die Beibehaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, sondern auch die Förderung von Aufklärungskampagnen und Fahrtrainings speziell für Senioren. Diese zielgerichteten Massnahmen können dazu beitragen, die Risiken zu minimieren und die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhen.

Referenzen

Website/wissenschaftliche Studien

https://www.bast.de/DE/Publikationen/Foko/2019-2018/2018-17.html

https://www.bast.de/DE/Publikationen/Berichte/unterreihe-m/2018/m285.html;jsessionid=CA02233DABF0E4EE4CC005A61B79E159.live11294?nn=1836812

https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/faq-autofahren-senioren-unfaelle-verkehrssicherheit-fuehrerschein-fahrtuechtigkeit-check-100.html

https://www.l-drive.ch/de/fahren-im-alter

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/unfaelle-senioren-100.html

https://www.verkehrsmedizin.org/Blog/index.php/;focus=HSTPTP_com_cm4all_wdn_Flatpress_9459456&path=?x=entry:entry240613-151236#C_HSTPTP_com_cm4all_wdn_Flatpress_9459456__-anchor

YouTube

https://www.youtube.com/watch?v=0-0PGcf7N-Y

https://www.youtube.com/watch?v=FllkZ5VOt4U

Zwei schöne Videos auf YouTube, die sich mit der Mobilität im Alter und der Fahrfähigkeit beschäftigen. Ersterer wurde von der Unfallforschung der Versicherer hochgeladen. Der zweite Beitrag war auf dem Fernsehkanal ARTE zu sehen.

Roediger - 15:01:44 @ Fahrtauglichkeit und altersbezogene Veränderungen


Karte
Infos